Die offene Seite von Deutschland – Studie über ea Flüchtlingsarbeit

http://www.bim.hu-berlin.de/media/2015-05-16_EFA-Forschungsbericht_Endfassung.pdf

Zusammenfassung

Angesichts steigender Zahlen an Vertriebenen weltweit und anAsylbewerbern in Deutschland ist es zu einer bundesweiten Bewegung der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit gekommen. Obwohl das freiwillige Engagement für Flüchtlinge eine lange Tradition hat, ist dies bisher wenig erforscht worden. Die EFA-Studie untersucht mit quantitativen und qualitativen Methoden, was Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit leisten und was sie dabei antreibt. Der vorliegende Bericht schildert die Ergebnisse der ersten Phase der Studie, die auf einer explorativen online -Umfrage unter über 460 Ehrenamtlichen und über 70 Organisationen in der Flüchtlingsarbeit beruht. Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, geben aber einen ersten Einblick in die Strukturen der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit und vorläufige Antworten darauf, wer die Ehrenamtlichen sind, was sie tun, wie sie organisiert sind und was sie antreibt.

Unsere Daten zeigen, dass die ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit vor allem, aber nicht exklusiv, von einem bestimmten Teil der Gesellschaft getragen wird. Ehrenamtliche sind vorwiegen d weiblich, gut gebildet und wirtschaftlich in einer relativ sicheren Position. Wir fanden zudem einen hohen Anteil an Personen mit Migrationshintergrund sowie eine geringe Religiosität unter den Ehrenamtlichen. Bezüglich Alter und Erwerbstätigkeit gibt es eine stärkere Differenzierung, wobei insbesondere Jüngere und Studierende überrepräsentiert sind. Mit diesem Profil setzt sich die ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit weitgehend von anderem freiwilligen Engagement ab. In der Organisation der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit wird eine Dringlichkeit deutlich und , dass sie aus einer offensichtlichen Notwendigkeit erwachsen ist. Dies wird insbesondere durch den starken Anstieg an ehrenamtlicher Flüchtlingsarbeit, an dem hohen Zeitaufwand sowie an den vielfach spontan entstandenen Organisationsstrukturen deutlich. Die Frage ist, ob die ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit, die spontan aus hohem Bedarf geboren wurde, mittelfristig Strukturen entwickelt und sich damit verstätigt. Damit einher geht jedoch auch die Frage, ob oder in welchen Bereichen eine Verstätigung der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit erstrebenswert ist. Wir sehen, dass Ehrenamtliche insbesondere Aufgaben übernehmen, die häufig eine ganz fundamentale Bedeutung haben, wie Unterkunft und Mobilität zu ermöglichen oder Kleidung bereit zu stellen. Dies sind Tätigkeiten, für die Ehrenamtliche angesichts steigend er Asylbewerberzahlen und einer Überforderung von Strukturen ganz entscheidend und wichtig sind. Vielmehr sind Ehrenamtliche aber durch Tätigkeiten eingebunden, die durch strukturelle Mängel entstehen. Der größte Anteil ehrenamtlicher Arbeit wird investiert, wo Behörden versagen, angemessene Kommunikation und Umgang mit Asylbewerbern und Flüchtlingen zu ermöglichen. Dass in sehr vielen Fällen Bürger zwischen Flüchtlingen und Behörden vermitteln müssen, weist darauf hin, dass es Behörden nicht gelungen ist, ihre Dienstleistungen für die Betroffenen angemessen bereit zu stellen. Zudem wird viel Arbeit für die Organisation der ehrenamtlichen Arbeit selbst aufgewandt. Dies ist ein Resultat der vielfach lokal entstandenen Strukturen, die auf keine bestehenden Organisationen zurückgreifen konnten. Hier sind Städte und Gemeinden aber auch größere etablierte  Organisationen in der Flüchtlingsarbeit in der Pflicht, die entstandenen Strukturen zu unterstützen und so eine dauerhafte Flüchtlingsarbeit über die spontane ehrenamtliche Organisation hinaus zu gewährleisten. Unsere Daten liefern keine Hinweise darauf, dass die Hilfsbereitschaft gegenüber Flüchtlingen etwas mit der Rahmung der jüngsten Fluchtmigrationen als Flucht vor Krieg zu tun hat. Mit Ausnahme der Älteren unter den Befragten sieht eine große Mehrheit eine Vielzahl von Fluchtgründen als legitim an. Die meisten von ihnen betrachten ihr Engagement über den humanitären Aspekt hinaus als etwas Gesellschaftspolitisches.