Ehrenamtsmanagement
Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen/ Freiwilligen…
1 Professionelles Freiwilligen-Management geht ganz still und leise?
Um Freiwilligen-Management nachhaltig in einer Organisation zu verankern, braucht es eine intensive Phase, in welcher über das eigene Selbstverständnis und Leitbild bzgl. der Freiwilligenarbeit in der Organisation ganzheitlich diskutiert wird. Um eine breite Akzeptanz für Freiwilligenarbeit zu sichern und erforderliche Strukturanpassungen in der Organisation vorzunehmen, ist neben der internen Kommunikation mit allen Beteiligten die vorbehaltlose Zustimmung der Führungsebene Grundvoraussetzung.
2 Freiwilligen-Management geht nur in kleinen Organisationen?
Erfolgreiches Freiwilligen-Management, das sich an den veränderten Bedürfnissen und Motiven von Freiwilligen ausrichtet, kann in jeder Non-Profit-Organisation verankert werden. Insbesondere Großorganisationen wie Gewerkschaften, Parteien oder Wohlfahrtsverbände müssen Strategien entwickeln, wie sie sowohl projektzentrierte und zeitlich begrenzte Engagementmöglichkeiten schaffen als auch bereits gewachsene Engagementstrukturen berücksichtigen können. Hier gilt es über Rahmenkonzepte nachzudenken, welche dauerhaftes Engagement sinnvoll mit innovativen Projekten in Verbindung bringen und eine Einbindung neuer Formen in traditionelle Strukturen ermöglichen.
3 Die Gewinnung von Freiwilligen ist das Wichtigste?
Neue Freiwillige zu rekrutieren und für die eigene Organisation zu mobilisieren ist nicht der erste Schritt in einem Prozess nachhaltigen Freiwilligen-Managements. Um den Grundstein für eine gewinnbringende und dauerhafte Zusammenarbeit mit Freiwilligen zu legen, müssen zuallererst Organisationsstruktur und -kultur hinterfragt und ggf. angepasst werden: Ist das Haus gerichtet? Ist geklärt, welchen Stellenwert Freiwillige in der Organisation haben? Sind genügend finanzielle und personelle Ressourcen bereit gestellt? Ist festgelegt, ob und wenn ja, welche Aufgaben Freiwillige mit ihren Kompetenzen vor allem auch in Abgrenzung zu den Hauptamtlichen übernehmen sollen? Sind Organisationsstrukturen und -kultur so ausgerichtet, dass Freiwillige willkommen geheißen und unterstützt werden können?
4 Das Wichtigste in Organisationen sind zahlende Mitglieder?
Zahlende Mitglieder sind in vielen Organisationen eine wichtige Basis für die Organisationsarbeit. Dennoch sind viele gemeinnützige Organisationen ebenfalls auf die Unterstützung gerade auch von Nichtmitgliedern angewiesen, die sich mit ihrem Engagement in die Organisation einbringen. Hinzu kommt, dass das Potenzial vieler Freiwilliger aber auch von Mitgliedern, die die Organisation aktiv durch ihr Engagement unterstützen würden, noch lange nicht ausgeschöpft ist. Für Organisationen gilt es deshalb, sich auf die veränderten Rahmenbedingungen von Freiwilligen-Engagement einzustellen und mit u.a. zeitlich befristeten, attraktiven, an den Bedürfnissen der Freiwilligen und Mitgliedern orientierten Engagementangeboten auch diese Interessierten ins Engagement zu bringen. Hat man als Freiwilliger sein Engagement in der Organisation als attraktiv erlebt, ist auch der Weg zu einer Mitgliedschaft geebnet.
5 Freiwillige passen sich der Organisation an?
Zweifelsohne müssen Freiwillige als Basis für eine fruchtbare Zusammenarbeit das Leitbild und die Ziele einer Organisation teilen. Aber es gilt nicht nur zu fragen, welche Freiwilligen zu einer Organisation passen. Gleichzeitig muss vor der Ansprache der Freiwilligen auch die Frage gestellt werden: Inwieweit passen die Angebote der Organisation zu den Bedürfnissen und Wünschen von Freiwilligen und was kann die Organisation diesen bieten? Eine solche Reflektionsphase dient dann der Vorbereitung und Konzeption von Engagementangeboten, die sowohl der Organisation wichtige Aufgaben zu lösen hilft als auch an den individuellen Kompetenzen des Einzelnen ansetzt. Inwiefern Organisation und Freiwillige zu einander passen ist dann das zentrale Thema im Erstgespräch.
6 Freiwillige machen Arbeit, die kein anderer in der Organisation machen will?
Freiwillige sind keine Lückenbüßer. Die Zeiten, in denen sie ohne Murren alle ihnen zugeteilten Aufgaben erledigt haben, sind vorbei. Freiwillige wollen nach ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten eingesetzt werden, auf Augenhöhe mit Hauptamtlichen zusammenarbeiten und sich gleichzeitig im Engagement persönlich weiterentwickeln und Spaß dabei haben. Darauf müssen sich Organisationen einstellen und dafür sorgen, dass das Engagement gewinnbringend sowohl für den Freiwilligen als auch für die Organisation gestaltet ist.
7 Freiwilligen-Engagement ist umsonst?
Freiwilligenarbeit ist weder umsonst noch kostenlos. Auch wenn Freiwillige ihre Arbeitskraft unentgeltlich zur Verfügung stellen, gilt es diese einzuarbeiten, sie mit Fortbildungsmaßnahmen im Hinblick auf ihre Aufgaben vorzubereiten, sie während ihres Engagements unterstützend zu begleiten, ausreichend zu versichern und Auslagen wie z.B. Fahrgeld zu erstatten. Für die Verankerung eines professionellen Freiwilligen-Managements in der Organisation sind somit sowohl finanzielle als auch personelle Ressourcen bereit zu stellen.
8 Freiwillige sind alle gleich?
Für die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Freiwilligen gibt es kein Patentrezept. Das Engagement ist immer multimotiviert, so dass Organisationen sich auf den Einzelnen einstellen müssen, um individuell auf ihn eingehen zu können, ihn angemessen zu wertschätzen und Anerkennung zu schenken, aber auch um Entwicklungspotenziale des Einzelnen für die Organisation zu erkennen. Um dies gewährleisten zu können und Freiwillige kontinuierlich zu betreuen sind deshalb Ansprechpartner – so genannte „Kümmerer“ – ein zentrales Element für die erfolgreiche Zusammenarbeit.
9 Freiwillige müssen in Watte gepackt werden?
Freiwillige müssen Wertschätzung und Anerkennung erfahren, aber auch konstruktive Kritik annehmen können. Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist immer auch das Einhalten von Vereinbarungen mit Rechten und Pflichten für die Organisation und für die Freiwilligen. Deshalb ist es wichtig von Beginn an gemeinsam klare Regeln für die Zusammenarbeit z.B. in einer Engagementvereinbarung festzuhalten. Auf dieser Grundlage können dann sowohl Freiwillige ihre Rechte einfordern als auch Organisationen negative Rückmeldungen geben, Verstöße sanktionieren oder gar Freiwillige entlassen, die durch ihr Verhalten die Tätigkeiten einer Organisation negativ beeinflussen.
10 Die Ehrennadel hat ausgedient?
Der Einkaufsgutschein verdrängt die Jubilars- und Ehrennadeln genauso wenig wie den Blumenstrauß. Freiwillige engagieren sich aus jeweils ganz unterschiedlichen Motiven heraus, so das dementsprechend unterschiedliche Anerkennungsinstrumente notwendig sind. Die Schaffung neuer Engagementstrukturen darf nicht bestehende Strukturen und Kulturen ersetzen. Neue und alte Formen des Engagements genau wie die Art ihrer Wertschätzung müssen nebeneinander und miteinander existieren können.
Grundlage dieser Veröffentlichung ist der Mitschnitt der Veranstaltung „Freiwilligen-Engagement professionell gestalten“ der Akademie Management und Politik/ Friedrich-Ebert-Stiftung